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DAS KUNSTLABOR

Begonnen habe ich meine Arbeit an der Kunstschule Donaueschingen am 6. Oktober 2004 als Dozentin für Grafikdesign, Akademievorbereitung - dem Erstellen von Bewerbungsmappen für künstlerische und gestalterische Hochschulen - und Aktzeichnen. In der Akademiegruppe wechselten die Teilnehmer immer schnell - das liegt in der Natur der Sache: erfüllt man das Ziel und sind die Bewerbungsmappen erfolgreich, ist der Kurs nur Durchgangsstation, in diesem Fall ist das erfreulich. Doch war es stets so, dass durch die wissenschaftlichere, erfolgsorientiertere Herangehensweise, die letztlich auf eine Professionalisierung der Teilnehmenden abzielt, auch künstlerisch frei arbeitende Interessierte mit ernsteren Ambitionen angesprochen wurden.


So ergab es sich, dass ich Stefan Kees an meinem ersten Tag an der Kunstschule kennenlernte - zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits zwei Jahre in unterschiedlichen Kursen bei unterschiedlichen Dozenten Erfahrungen gesammelt. Ich „übernahm“ ihn gerne, wenn auch weniger als Schüler, sondern als aufstrebenden Künstlerkollegen mit ernsthaftem, authentischen Arbeitsansatz und bemerkenswertem Wissen und Denken. Die Themen seiner Arbeiten sind tiefgründig, komplex, unbequem, fordern uns und treffen unsere wunden Punkte: und genau das macht sie überzeugend. Er blieb, wurde schnell zur Konstante, oft auch zur Triebfeder meiner Arbeit an der Kunstschule und zum kompetenten Ansprechpartner für die Kursteilnehmer. Ãœber die Jahre wuchsen wir beide durch die künstlerische und weltanschauliche Auseinandersetzung mit dem anderen - dies manifestiert sich inzwischen auch in gemeinsamen Ausstellungen, Kunstvermittlungsprojekten und Jurytätigkeiten und bleibt uns hoffentlich noch lange Zeit erhalten. 


Als Renate Heinrich im Januar 2017 an die Kunstschule kam, waren wir alle sofort begeistert von ihrer Energie. Sie erzählte, was sie interessiert, was sie gerne lernen und umsetzen würde, dachte aber - wie sie damals sagte - es seien alles nur Versuche, die nicht ernst zu nehmen sind. Weit gefehlt. Selten lerne ich in diesem Beruf jemanden kennen, der bereits am ersten Kurstermin so klar weiß, was er möchte, der so nah bei sich ist. Viele wollen - ohne das abzuwerten - dekorative Schönheit, ausgefeilte Technik, beeindruckendes Handwerk. Renate Heinrich wollte das alles eben gerade nicht und legte somit den direktesten Grundstein, sich der Kunst wirklich anzunähern. Dass Schein und Kunst nichts miteinander zu tun haben, hatte sie sofort durchschaut. In ihren Arbeiten geht es um Komposition, Farbe, Struktur, Räumlichkeit aber natürlich auch um viel mehr: um zahlreiche visuelle und inhaltliche Ebenen, Zwischentöne, Anflüge von Geschichten, Haltungen - und die Freude am Dasein.


Gabriele May gesellte sich im Januar 2021 zu uns und wurde direkt „ins kalte Wasser“ des Online-Kunstlabors geworfen. Eine Herausforderung, die sie hervorragend meisterte: bei unserem ersten virtuellen Treffen stieg sie - bereits künstlerisch erfahren - sofort und ohne Zögern tief in die Materie ein und begeisterte uns mit einem sehr persönlichen, inhaltlich und formal überzeugenden Konzept. Die Idee zur Arbeit „Aus der Tiefe“ wurde zu einem intensiven schöpferischen Prozess. Gedanke für Gedanke, Stück für Stück wuchs die Auseinandersetzung, die Denkarbeit wurde zum Dreh- und Angelpunkt, elementare Fragen tauchten auf: ob und wann ein Konzept überhaupt noch eine praktische Umsetzung braucht, ob der Weg dahin nicht schon das Werk an sich ist und wie man eine Idee zum Gelingen bringt. Gabriele May erforschte in diesem fünf Monate währenden Arbeitsprozess ein wichtiges Stück ihrer eigenen Geschichte - und ich freue mich, dass wir unmittelbar daran teilhaben durften.


Ariane Faller, Mai 2021

Kunstlabor: Der Schulalltag
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