STEFAN KEES
Beschäftigung mit bildender Kunst ist immer die Auseinandersetzung mit ihrem Wesen, ihrem Grundsätzlichen. Dabei müssen Konventionen aufgebrochen und Klischees überwunden werden. Scheinbar Gültiges muss angezweifelt und zu Ende Gedachtes überdacht und hinterfragt werden. Koordinaten lösen sich auf.
Malerei ist physikalisch Auftragen von beispielsweise Farbe/Pigmenten auf einem Träger. Es entstehen Farbschichten. Der Bildträger ist Mittel zum Zweck.
Ich erhebe den Träger (meist Papier) zum gleichwertigen Teil des Prozesses. Durch Reißen und Zerreißen wird das klassische Tafelbild zerstört. Aus vielen (für sich fertigen) beschichteten Bildern entstehen durch Neuschichtung meine Schichtungen, die vieles von dem, was Malerei grundsätzlich ausmacht, auf den Prüfstand stellen. Risskanten werden sichtbar und erklären die Materialhaftigkeit. So bearbeitetes und beschichtetes Papier erobert Raum. Wo hört ein Bild auf? Wann ist es Objekt? Wann ist es Skulptur?
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Durch das Schaffen von Bildern, die durch Zerreißen zerstört und anschließend durch Schichtung in neuem Kontext erneut zu Bildern verarbeitet werden, thematisieren sie Werden und Vergehen, Anfang und Ende, Endlichkeit und Neubeginn und verweisen neben der formellen Ebene auf tiefere mystische Fragen nicht nur menschlicher und materieller Existenz. Im wahrsten Sinn des Wortes werden Fragen nach dem, was ist, war und am Ende bleibt, angerissen.
Durch die direkte Kombination und Auseinandersetzung meiner so entstandenen Malerei mit gefundenen Gegenständen meist aus Haushaltsauflösungen, also Dingen, die am Ende eines Lebens materiell wirklich übrigbleiben, wird das Thema der unausweichlichen Vergänglichkeit in den letzten Jahren zunehmend immanent. Zeit wird unmittelbar spürbar. Meine Malerei wird zum sichtbaren (Zwischen-) Ergebnis eines dynamischen und prozesshaften künstlerischen und nichtkünstlerischen Vorgehens.